In manchen Fällen sind Gewerbemieter nicht dazu bereit, die Mietfläche zum Ende des Mietverhältnisses freiwillig an den Vermieter zurückzugeben. Ein knappes Angebot an freien Gewerberäumen und steigende Mieten erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass es hierzu kommt. Für den Vermieter kann eine verzögerte Rückgabe der Räumlichkeiten erhebliche finanzielle Nachteile zur Folge haben. Wie aber kann der Vermieter möglichst schnell wieder in den Besitz der Fläche gelangen? Welche Möglichkeiten gibt es, einem Vertragsbruch des Mieters entgegenzuwirken?
Hier einige Ratschläge:
A. Mietvertragliche Maßnahmen
Eine Zwangsräumung der Mietfläche im gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren ist zeitaufwändig, selbst wenn es keine ernsthaften Zweifel an der Berechtigung des Vermieters gibt, die Räumung zu fordern. Für Vermieter ist es deswegen am besten, wenn mit dem Mieter erst gar keine Auseinandersetzung wegen der Rückgabe der Räumlichkeiten entsteht. Folgende Regelungen im Gewerbemietvertrag können bereits im Vorfeld dazu beitragen, Streitigkeiten zu vermeiden, oder dafür sorgen, dass eine etwaige Zwangsräumung einfacher durchgeführt werden kann.
I. Erhöhte Nutzungsentschädigung
Gibt der Mieter die Gewerberäume trotz Ablauf der Mietzeit nicht zurück, steht dem Vermieter gesetzlich ein Anspruch auf sog. Nutzungsentschädigung für den Zeitraum der unzulässigen Nutzung zu (vgl. § 546a BGB). Der Höhe nach ist dieser Anspruch auf die vertraglich vereinbarte oder die ortsübliche Miete begrenzt.
Damit der Mieter besser zum rechtzeitigen Auszug aus der Mietfläche motiviert wird, bietet es sich an, im Mietvertrag eine Entschädigung vorzusehen, die über den gesetzlichen Anspruch hinausgeht. Um zu verhindern, dass die Regelung im Streitfall vom Gericht als unwirksam eingestuft wird (vgl. Oberlandesgericht Frankfurt a. M., Urteil vom 28. Januar 2011 – Az. 2 U 135/10; BeckRS 2011, 14076), sollte eine solche Vertragsklausel allerdings sorgfältig formuliert werden.
II. Haftungserstreckung auf Gesellschafter und Geschäftsführer
Wird an Unternehmen vermietet, ist deren Haftung oft auf das Haftungskapital des Unternehmens beschränkt. Aus Mietersicht kann dies eine Verletzung des Mietvertrages durch nicht rechtzeitige Rückgabe der Mietfläche wirtschaftlich vernünftig erscheinen lassen.
Eine derartige Herangehensweise kann vermieden werden, indem mietvertraglich vereinbart wird, dass auch die Gesellschafter und/oder Geschäftsführer für die rechtzeitige Herausgabe der Gewerberäume haften.
III. Vollstreckungsunterwerfung des Mieters im Mietvertrag
Kommt der Mieter seiner Verpflichtung zur Rückgabe der Mietfläche nicht nach, darf der Vermieter dem Mieter nicht einfach selbst den Besitz an den Räumlichkeiten entziehen. Vielmehr ist er gesetzlich dazu angehalten, ein Zwangsräumungsverfahren durchzuführen. Hierfür muss er sich zunächst ein Räumungsurteil über ein Räumungsklageverfahren verschaffen. Üblicherweise dauert ein Räumungsklageverfahren zwischen sechs und zwölf Monate. Erst anschließend kann ein Gerichtsvollzieher mit der Vollstreckung des Räumungsurteils, der Zwangsräumung beauftragt werden.
Bei entsprechender Gestaltung des Gewerbemietvertrages besteht jedoch die Möglichkeit, auf ein Räumungsklageverfahren zu verzichten. Hierfür ist in dem Mietvertrag vorzusehen, dass der Mieter sich bezüglich seiner Verpflichtung zur Herausgabe der Mietfläche der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft. Diese mietvertragliche Vereinbarung ist dann noch notariell zu beurkunden. Ist dies geschehen, kann der Gerichtsvollzieher die Zwangsräumung durchführen, ohne dass vorher ein Räumungsurteil erwirkt werden muss (vgl. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Eine Vollstreckungsunterwerfung kann somit die Zwangsräumung beschleunigen und vereinfachen.
IV. Nachträgliche Vereinbarung einer Vollstreckungsunterwerfung
Ist zur Räumung der Mietfläche ein Räumungsklageverfahren erforderlich, nimmt dies – wie angemerkt – einige Zeit in Anspruch.
Als Alternative zur Einreichung einer Räumungsklage kann es für den Vermieter sinnvoll sein, sich mit dem Mieter darauf zu verständigen, dass der Mieter das Mietobjekt für einen gewissen Zeitraum nach Ablauf der Mietzeit weiter nutzen darf. Vernünftigerweise ist der Zeitraum der Weiternutzung kürzer als die Dauer eines Klageverfahrens. Da der Mieter die Kosten eines solchen Verfahrens zu tragen hätte, sollte von ihm als Gegenleistung für den Verzicht auf eine Räumungsklage verlangt werden, sich zum Ende des verlängerten Nutzungszeitraums der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen.
Auf diese Weise kann für den Vermieter sichergestellt werden, dass er nach Ablauf der zusätzlichen Nutzungszeit ohne vorherige Räumungsklage die Zwangsräumung durchführen kann. Im Ergebnis würde der Vermieter die Fläche also schneller zurückerhalten.
B. Durchsetzung des Räumungsanspruchs
Auch ohne die oben genannten Vereinbarungen kann der Vermieter die Durchsetzung seines Räumungsanspruches effizienter gestalten. Hierbei ist Folgendes zu beachten:
I. Eigenmächtige Räumung der Gewerbefläche durch den Vermieter?
Eine eigenmächtige Räumung der Mietfläche führt regelmäßig nicht dazu, dass der Vermieter im Besitz der Räume bleiben kann. Denn ein auf diese Weise geräumter Mieter könnte sich wegen sog. verbotener Eigenmacht (vgl. § 858 BGB) über ein einstweiliges Verfügungsverfahren vom Gericht kurzfristig wieder den Besitz zuweisen lassen. Hierbei würde das Gericht nicht prüfen, ob der Mieter überhaupt zum Besitz der Fläche berechtigt ist.
Ein Anspruch des Mieters auf Wiedereinräumung des Besitzes kann zwar ausgeschlossen werden, z. B. indem der Vermieter die Fläche sofort einem neuen Mieter überlässt, dem das unrechtmäßige Vorgehen des Vermieters nicht bekannt ist. Auf Seiten des Vermieters wäre man aber in jedem Fall dem strafrechtlichen Vorwurf eines Hausfriedensbruches ausgesetzt.
II. Unterbrechung der Versorgungsleistungen, um den Mieter zur Räumung zu veranlassen?
Eine Unterbrechung von Versorgungsleistungen wie Strom, Wasser und Heizenergie kann bewirken, dass der Mieter die Fläche nicht mehr wie gewollt nutzen kann und sie deshalb doch räumt.
Gemäß der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 6. Mai 2009 – XII ZR 137/07; NJW 2009, 1947) sind Vermieter von Gewerbeflächen nach Beendigung des Mietverhältnisses grundsätzlich nicht mehr dazu verpflichtet, dem Mieter Versorgungsleistungen zur Verfügung zu stellen. Es hat jedoch stets eine Abwägung der Interessen des Mieters (droht diesem ein besonders hoher Schaden?) mit den Interessen des Vermieters (ist dem Vermieter die weitere Bereitstellung der Versorgungsleistungen zumutbar?) zu erfolgen.
Bestätigt hat der Bundesgerichtshof eine Berechtigung des Vermieters, die weitere Versorgung mit Heizenergie einzustellen in einem Fall, in dem das Mietverhältnis aufgrund Zahlungsverzuges des Mieters gekündigt wurde und der Vermieter die Versorgungsleistungen mangels Vorauszahlungen des Mieters auf eigene Kosten erbringen musste. Insoweit war für den Bundesgerichtshof maßgeblich, dass der Vermieter Gefahr lief, die von ihm verauslagten Kosten für die Versorgung nicht erstattet zu erhalten und dadurch einen höheren Schaden zu erleiden. Sofern der Vermieter bei einer derartigen Sachlage die Unterbrechung der Versorgungsleistung dem Mieter so frühzeitig ankündigt, dass dieser sich darauf einstellen kann, ist die Unterbrechung der Versorgungsleistung zulässig.
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang aber, dass die Unterbrechung der Versorgung nach der angeführten Rechtsprechung nur rechtmäßig sein kann, wenn der Vermieter dem Mieter die Versorgungsleistungen zur Verfügung stellt. Hat der Mieter selbst ein Belieferungsvertrag mit dem Versorgungsunternehmen abgeschlossen, ist eine Unterbrechung der Versorgung stets rechtswidrig.
III. Beschleunigung des Räumungsklageverfahrens durch Beschränkung auf Räumungsanspruch
Ist es erforderlich, zur Räumung der Mietfläche eine Räumungsklage einzureichen, sollte das Klageverfahren so gestaltet werden, dass es möglichst schnell beendet ist.
Werden in der Räumungsklage neben dem Räumungsanspruch weitere Forderungen des Vermieters, wie z.B. noch ausstehende Mietzahlungen geltend gemacht, kann dies zu einer beträchtlichen Verzögerung führen. Denn häufig werden die weiteren Ansprüche des Vermieters wegen angeblicher Gegenrechte (z.B. Minderungsrechte aufgrund behaupteter Mängel der Mietsache) bestritten, was u.a. zeitraubende Beweisaufnahmen notwendig machen kann.
Vermieden werden können derartige Verzögerungen dadurch, dass zunächst ausschließlich der Räumungsanspruch eingeklagt wird. Etwaige weitere Ansprüche des Vermieters sind mit einer separaten Klage zu verfolgen.
IV. Versuch der Vollstreckungsvereitelung durch Untervermietung
Von Gesetzes wegen (vgl. § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO) darf eine Zwangsräumung nur durchgeführt werden, sofern gegenüber sämtlichen Besitzern der Mietfläche ein Räumungstitel (Räumungsurteil oder Zwangsvollstreckungsunterwerfung) vorliegt. Deswegen versuchen einige Mieter die Zwangsräumung zu vereiteln bzw. hinauszuzögern, indem vor der anstehenden Zwangsräumung ein bis dahin nicht bekannter Untermieter präsentiert wird. Um die Zwangsräumung durchsetzen zu können, muss dann auch ein Räumungstitel gegen diesen Untermieter beschafft werden, selbst wenn klar ist, dass die Untervermietung nur zur Vereitelung der Zwangsräumung erfolgt ist (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. August 2008 – I ZB 39/08; NJW 2008, 3287).
Gegen eine solche Verzögerung der Zwangsräumung kann man sich wehren. Hierfür sollte so früh wie möglich bei Gericht beantragt werden, dem Mieter zu untersagen, die zu räumende Mietfläche unbefugt unterzuvermieten und dem Mieter für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zum gesetzlichen Maximalbetrag von 250.000,00 EUR aufzuerlegen. Kurzfristig kann der Unterlassungsanspruch über eine einstweilige Verfügung durchgesetzt werden (vgl. Oberlandesgericht München, Entscheidung vom 4. September 2017 – 7 W 1375/17; NZM 2017, 813). Diese Maßnahme zur Absicherung der Zwangsräumung wird häufig vergessen oder zu spät durchgeführt.
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*Dieser Beitrag ist nicht als rechtswissenschaftliche Veröffentlichung gedacht. Vielmehr soll er den mit gewerblichen Mietverträgen befassten Praktikern zur allgemeinen Orientierung dienen. Eine auf den konkreten Einzelfall bezogene rechtliche Beratung können und sollen die Ausführungen nicht ersetzen.